Im Dezember 2012 gab es für die internationale anarcho-syndikalistische Bewegung zwei nennenswerte Jubiläen: das 90. jährige Bestehen der Internationalen ArbeiterInnen Assoziation und der 170. Geburtstag des bekannten anarcho-kommunistischen Theoretikers Peter Kropotkin. Diese Gleichzeitigkeit hat durchaus einen symbolischen Charakter. Kropotkin war zwar nie Mitglied einer revolutionär-syndikalistischen oder anarcho-syndikalistischen Organisation, doch er steuerte einen wichtigen Beitrag zur Gründung der anarcho-syndikalistischen Internationalen bei und seine Vorstellungen hatten einen enormen Einfluss auf deren Ziele und Prinzipien.
Kropotkin war einer der ersten anarchistische Denker, der eine Restauration des antiautoritären Flügels der Ersten Internationalen ins Leben rief und er führte diese Kampagne zu eine Zeitpunkt an, als ein Großteil der libertären Bewegung noch der so genannten "Propaganda der Tat" anhing. Die Basis für diesen Wiederaufbau sah Kropotkin in den Gewerkschaften. In seinem "Bulletin der Jura Föderation" schrieb er wiederholt über die ArbeiterInnenbewegung und Gewerkschaften. Zu dieser Zeit suchte er nach Kontakten zu gewerkschaftlichen Kreisen. In der Zeitschrift "Le Révolte" veröffentlichte er rund 20 Artikel über die Notwendigkeit von Gewerkschaften, zu einer Zeit, als diese Ideen von anarchistischen AktivistInnen und AgitatorInnen, wie Jean Grave, Errico Malatesta oder Johann Most (1) nicht befürwortet wurden.
Mit all seiner Kraft argumentierte Kropotkin für die Stärkung der Gewerkschaften und das Engagement von AnarchistInnen in diesem Bereich. In der Zeitschrift "Freedom" rief er zu einer universalen "Versammlung der Arbeit" auf und im Jahr 1901 befürwortete er die Bildung einer "internationalen Föderation der Gewerkschaften auf der Erde". Der Streik der radikalen MetallarbeiterInnen in Barcelona im Jahr 1902 und das Aufkommen einer Streikbewegung in Europa hatten bei ihm große Erwartungen geweckt. Diese Ereignisse veranlassten Kropotkin zu dem Vorschlag der Bildung einer "Internationalen Vereinigung der Arbeit". Anselmo Lorenzo äußerte diesen Vorschlag für ihn in der Zeitschrift "Tierra and Libertad" im September 1902. Er warf die Frage über die Organisation einer Internationalen auf, die im allgemeinen sozialistische Ziele und die Vergesellschaftung der Ökonomie vertrat. Außerdem die Selbstemanzipation der arbeitenden Menschen, der Kampf gegen die Ausbeutung von Frauen und Kinderarbeit, die Förderung der Kooperation und einen zukünftigen Plan für die sozialistische Enteignung der Produktion. (2) Beim Ausbau eines detaillierten Programms sollten die Ziele der alten Internationalen berücksichtigt werden. Interessanterweise weigerte sich der Herausgeber der Zeitschrift, Federico Urales, diese Vorschläge zu veröffentlichen, den er sah darin eine rückwärtsgewandte Vereinfachung.